Shell.Shock
verifiziertes Mitglied
- Registriert
- 04. Sep. 2005
- Beiträge
- 1.046
- Real Name
- Andreas
Der Thread soll als Sammelsorium für Röhrenkunde im CarAudio Bereich dienen.
Insbesondere Technik, Vorteile/Nachteile, Produkte, wissenswertes, etc.
Da ich über die Jahre einiges an Material und Wissen angesammelt habe, und das Thema im "zeigt eure amps" Thread angeschnitten wurde..... dachte ich ein eigenes Thema dazu wäre vielleicht für den ein oder anderen interessant.
Das Thema Röhren ist mindestens so komplex und lang wie einen Verstärker zu designen.
Daher möchte ich im wesentlichen eine gaaaanz kurze Einleitung zu Audio-Röhren geben, in möglichst verständlicher Form geschrieben:
Eigentlich heißt die "Röhre" offiziell Elektronenröhre (so auch bei Wikipedia gelistet).
https://de.wikipedia.org/wiki/Elektronenröhre
https://de.wikipedia.org/wiki/Röhrenverstärker
Im Prinzip ist die Röhre der direkte Vorgänger der heutigen Transistoren bzw. Dioden. In vielfacher Kombination dann auch als OPs (Operationsverstärker) benannt.
Die Röhre besitzt im Vakuum oder gasgefüllten Glaskolben elektronische Bauteile, welche im Betrieb ein Signal (strom-)verstärken bzw. als reine Diode ein Signal nur in eine Richtung passieren lassen.
Hierbei treten an der Kathode (-) bei Beheizung (direkt oder indirekte Heizung) negative Elektronen aus und wandern zur Anode (+) hin.
Das Vakuum oder Gas dient zur Verdrängung von Umgebungsluft im Glaskolben, damit die Elektronen ungehindert "fliegen" können. Die Glimmerplättchen halten die Bauteile im Glaskolben in Position.
Zwischen Kathode und Anode sitzen bei Verstärkerröhren 1 bis 3 Gitter, welche durch eine Beschaltung mit negativer Spannung den Elektronenübertritt zwischen Kathode und Anode beeinflussen (abschwächen) und so den Stromfluss regeln können.
Das typische rötliche "glühen" stammt von der Heizung der Kathode und ist je nach mechanischem Aufbau und Röhrentyp mehr oder weniger gut sichtbar.
Verstärker-Entwickler helfen hier gerne mit LEDs unter der Röhre nach. Dies hat im Regelfall keine klanglichen Auswirkungen, außer bei lichtempfindlichen Röhren wie z.B. der russischen Gleichrichterdiode SG1P.
Zusätzlich gibt manchmal noch ein bläuliches glühen, welches z.B. an der Gasfüllung liegt (Quecksilberdampf), Ionolumineszenz von Elektronen beim Auftritt an das Glas ist oder auch
Leuchterscheinungen vom Restgas (Plasmaeffekt) stammen.
Röhrenkunde:
Diode: 2 Bauteile (Kathode & Anode)
Triode: 3 Bauteile (Kathode, Gitter, Anode)
Tetrode: 4 Bauteile (Kathode Steuergitter, Sperrgitter, Anode)
Pentode: 5 Bauteile (Kathode, Steuergitter, Sperrgitter, Bremsgitter, Anode)
Hexode, Heptode, Oktode, Enneode: usw. immer mehr Gitter
In doppelter Bestückung von getrennten Gittern im gemeinsamen Glaskolben dann auch z.B. Doppeltriode genannt. Im Regelfall dann mit der Beispielbeschaltung der Kanäle R/L.
Es gibt 3 Benennungssysteme der Typen, wobei sich oftmals elektisch identische Röhren in den Systemen finden: russisch, europäisch, amerikanisch
Zu guter Letzt sitzt im Glaskolben ganz oben noch der Getterring. Nach dem Evakuieren (abpumpen der Luft, Vakuumerzeugung) und verschmelzen der Glaskolbens wird der Getterring "gezündet" (induktiv erhitzt).
Hierbei setzt sich das verdampfende chemisch reaktive Material des Rings als Niederschlag innen am Glaskolben ab (Getter-Niederschlag) und adsorbiert Restgas.
Dies dient zur Aufrechterhaltung des Vakuums im Glaskolben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Getter
Röhren unterscheiden sich im Audiobereich in der Art des Einsatzgebietes und natürlich der Beschaltung. Es gibt Röhren für Vorverstärker (=OPs) und Endröhren (=Leistungstransistoren).
Da Elektronenröhren am Ausgang hochohmig sind (mehrere Kiloohm) benötigt man für den Anschluss eines niederohmigen Lautsprechers (1-16 Ohm) einen Trafo, Ausgangsübertrager genannt.
Diese sind jedoch aufgrund des jeweiligen Frequenz- und Leistungsspektrums schwer und teuer und müssen auf den Ruhestrom der Röhren angepasst sein. Ohne Gegentaktschaltungen kommt noch die magnetische Beeinflussung im Übertrager hinzu.
Oft wird daher lediglich in der Vorstufe auf Röhren gesetzt und in der Endverstärkung kommen Transitoren zum Einsatz. Voila, damit hätten wir die Hybridstufe.
Röhren haben eine Kennlinie (Verhältnis Anodenstrom zu negativer Gitterspannung).
Diese Linie beginnt gekrümmt und läuft dann im Regelfall gerade aus, bis die maximale Elektronenabgabe der Kathode erreicht ist.
Innerhalb der Kennlinie gibt es einen annähernd linearen Bereich. In diesem sollte der Designer der Schaltung den Ruhestrom & Arbeitspunkt der Röhren legen. Hier ist der Klirrfaktor am geringsten.
Der Ruhestrom lässt sich in vielen Schaltungen einstellen (BIAS Einstellung), in einigen Schaltungen ist ein Auto-BIAS vorhanden, welcher eigenständig nachregelt.
Röhren verzerren (klirren) hauptsächlich in gradzahligen Oberwellen (2,4,6,8), welche unserem Gehör/Gehirn nicht besonders negativ auffallen, da diese auch natürlich vorkommen.
Ungerade Oberwellen (z.B. Rechteck-Verzerrungen von clippenden Transistorverstärkern) sind dagegen recht unnatürlich und werden entsprechend störend wahrgenommen.
Trotz allem Klirr, sollte der ideale Verstärker so wenig wie möglich klirren. Auch bei Röhren. Und dies ist bei ordentlicher Schaltung, "gesunden" Röhren und Arbeitspunkt im linearen Bereich möglich.
Jedoch kommen manche "Designer" auf die tolle Idee, die Röhren in einem klirrenden Bereich der Kennlinie zu betreiben. Im Marketing heißt das dann *sounding*.
Dieses sounding kann mitunter jedoch schlecht für die Lebensdauer der Röhre sein, sowie es dem Idealbild eines Verstärkers widerspricht.
Zum Schluss:
Es sei noch erwähnt, dass sich eine Röhre verbraucht.
Sobald eine Undichtigkeit auftritt, der Getterniederschlag verbraucht ist oder die Kathode erschöpft ist, funktioniert die Röhre immer schlechter, bis hin zum Ausfall.
Anbei ein Beispielbild eines verbrauchten Getters durch undichte Röhre, klar an der milchigen Farbe erkennbar:
Röhren sind aufgrund des mechanischen Aufbaus empfindlich bei Erschütterungen. Sobald sich der Abstand Kathode/Gitter/Anode geringfügig ändert, ändert sich auch die Verstärkung.
Ein klopfen an der Röhre ist somit nicht zu empfehlen. Als wäre dies noch nicht genug, weisen Röhren noch eine mehr oder weniger ausgeprägte Mikrophonie auf.
Hierbei werden die Bauteile (besonders das dünne Gitter) durch Schalleinwirkung in Schwingung versetzt. Es gibt aus diesem Grund oft auch besondere Versionen der gleichen Röhren, mit z.B. dickerem Gitter etc.
https://de.wikipedia.org/wiki/Mikrofonie
Auch die diversen Spannungen müssen recht präzise sein um die elektrischen Parameter zu gewährleisten. Hinzu kommt die Heizung, welche die Kathode erst zur Elektronenabgabe anregt.
Es gibt einiges an Röhrentestern oder besser Röhrenprüfgeräten. Die einen testen nur grundlegende Parameter, die anderen messen die Röhre unter Last.
Ich selber habe einen Kalibr L3-3 zu Hause. Wer sich da mal das Alter der Geräte und die aufgerufenen Preise ansieht....
... auch die Preise für die entsprechenden Röhren NOS (new old stock), kann sich grob vorstellen, dass das Thema eigentlich nicht mit eben mal 100€ massentauglich sein kann.
Eigentlich ist die Röhre denkbar ungeeignet für das Auto. Erschütterungen, Bass, Temperaturunterschiede, Abwärme der Röhre selbst, möglichst geringe Bauform, diverse hohe Spannungen, usw.
Und trotzdem gibt es einiges an Peripherie mit Röhren, dass ich gerne im folgenden vorstellen möchte, um euch einen kleinen Einblick zu geben.
Insbesondere Technik, Vorteile/Nachteile, Produkte, wissenswertes, etc.
Da ich über die Jahre einiges an Material und Wissen angesammelt habe, und das Thema im "zeigt eure amps" Thread angeschnitten wurde..... dachte ich ein eigenes Thema dazu wäre vielleicht für den ein oder anderen interessant.
Das Thema Röhren ist mindestens so komplex und lang wie einen Verstärker zu designen.
Daher möchte ich im wesentlichen eine gaaaanz kurze Einleitung zu Audio-Röhren geben, in möglichst verständlicher Form geschrieben:
Eigentlich heißt die "Röhre" offiziell Elektronenröhre (so auch bei Wikipedia gelistet).
https://de.wikipedia.org/wiki/Elektronenröhre
https://de.wikipedia.org/wiki/Röhrenverstärker
Im Prinzip ist die Röhre der direkte Vorgänger der heutigen Transistoren bzw. Dioden. In vielfacher Kombination dann auch als OPs (Operationsverstärker) benannt.
Die Röhre besitzt im Vakuum oder gasgefüllten Glaskolben elektronische Bauteile, welche im Betrieb ein Signal (strom-)verstärken bzw. als reine Diode ein Signal nur in eine Richtung passieren lassen.
Hierbei treten an der Kathode (-) bei Beheizung (direkt oder indirekte Heizung) negative Elektronen aus und wandern zur Anode (+) hin.
Das Vakuum oder Gas dient zur Verdrängung von Umgebungsluft im Glaskolben, damit die Elektronen ungehindert "fliegen" können. Die Glimmerplättchen halten die Bauteile im Glaskolben in Position.
Zwischen Kathode und Anode sitzen bei Verstärkerröhren 1 bis 3 Gitter, welche durch eine Beschaltung mit negativer Spannung den Elektronenübertritt zwischen Kathode und Anode beeinflussen (abschwächen) und so den Stromfluss regeln können.
Das typische rötliche "glühen" stammt von der Heizung der Kathode und ist je nach mechanischem Aufbau und Röhrentyp mehr oder weniger gut sichtbar.
Verstärker-Entwickler helfen hier gerne mit LEDs unter der Röhre nach. Dies hat im Regelfall keine klanglichen Auswirkungen, außer bei lichtempfindlichen Röhren wie z.B. der russischen Gleichrichterdiode SG1P.
Zusätzlich gibt manchmal noch ein bläuliches glühen, welches z.B. an der Gasfüllung liegt (Quecksilberdampf), Ionolumineszenz von Elektronen beim Auftritt an das Glas ist oder auch
Leuchterscheinungen vom Restgas (Plasmaeffekt) stammen.
Röhrenkunde:
Diode: 2 Bauteile (Kathode & Anode)
Triode: 3 Bauteile (Kathode, Gitter, Anode)
Tetrode: 4 Bauteile (Kathode Steuergitter, Sperrgitter, Anode)
Pentode: 5 Bauteile (Kathode, Steuergitter, Sperrgitter, Bremsgitter, Anode)
Hexode, Heptode, Oktode, Enneode: usw. immer mehr Gitter
In doppelter Bestückung von getrennten Gittern im gemeinsamen Glaskolben dann auch z.B. Doppeltriode genannt. Im Regelfall dann mit der Beispielbeschaltung der Kanäle R/L.
Es gibt 3 Benennungssysteme der Typen, wobei sich oftmals elektisch identische Röhren in den Systemen finden: russisch, europäisch, amerikanisch
Zu guter Letzt sitzt im Glaskolben ganz oben noch der Getterring. Nach dem Evakuieren (abpumpen der Luft, Vakuumerzeugung) und verschmelzen der Glaskolbens wird der Getterring "gezündet" (induktiv erhitzt).
Hierbei setzt sich das verdampfende chemisch reaktive Material des Rings als Niederschlag innen am Glaskolben ab (Getter-Niederschlag) und adsorbiert Restgas.
Dies dient zur Aufrechterhaltung des Vakuums im Glaskolben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Getter
Röhren unterscheiden sich im Audiobereich in der Art des Einsatzgebietes und natürlich der Beschaltung. Es gibt Röhren für Vorverstärker (=OPs) und Endröhren (=Leistungstransistoren).
Da Elektronenröhren am Ausgang hochohmig sind (mehrere Kiloohm) benötigt man für den Anschluss eines niederohmigen Lautsprechers (1-16 Ohm) einen Trafo, Ausgangsübertrager genannt.
Diese sind jedoch aufgrund des jeweiligen Frequenz- und Leistungsspektrums schwer und teuer und müssen auf den Ruhestrom der Röhren angepasst sein. Ohne Gegentaktschaltungen kommt noch die magnetische Beeinflussung im Übertrager hinzu.
Oft wird daher lediglich in der Vorstufe auf Röhren gesetzt und in der Endverstärkung kommen Transitoren zum Einsatz. Voila, damit hätten wir die Hybridstufe.
Röhren haben eine Kennlinie (Verhältnis Anodenstrom zu negativer Gitterspannung).
Diese Linie beginnt gekrümmt und läuft dann im Regelfall gerade aus, bis die maximale Elektronenabgabe der Kathode erreicht ist.
Innerhalb der Kennlinie gibt es einen annähernd linearen Bereich. In diesem sollte der Designer der Schaltung den Ruhestrom & Arbeitspunkt der Röhren legen. Hier ist der Klirrfaktor am geringsten.
Der Ruhestrom lässt sich in vielen Schaltungen einstellen (BIAS Einstellung), in einigen Schaltungen ist ein Auto-BIAS vorhanden, welcher eigenständig nachregelt.
Röhren verzerren (klirren) hauptsächlich in gradzahligen Oberwellen (2,4,6,8), welche unserem Gehör/Gehirn nicht besonders negativ auffallen, da diese auch natürlich vorkommen.
Ungerade Oberwellen (z.B. Rechteck-Verzerrungen von clippenden Transistorverstärkern) sind dagegen recht unnatürlich und werden entsprechend störend wahrgenommen.
Trotz allem Klirr, sollte der ideale Verstärker so wenig wie möglich klirren. Auch bei Röhren. Und dies ist bei ordentlicher Schaltung, "gesunden" Röhren und Arbeitspunkt im linearen Bereich möglich.
Jedoch kommen manche "Designer" auf die tolle Idee, die Röhren in einem klirrenden Bereich der Kennlinie zu betreiben. Im Marketing heißt das dann *sounding*.
Dieses sounding kann mitunter jedoch schlecht für die Lebensdauer der Röhre sein, sowie es dem Idealbild eines Verstärkers widerspricht.
Zum Schluss:
Es sei noch erwähnt, dass sich eine Röhre verbraucht.
Sobald eine Undichtigkeit auftritt, der Getterniederschlag verbraucht ist oder die Kathode erschöpft ist, funktioniert die Röhre immer schlechter, bis hin zum Ausfall.
Anbei ein Beispielbild eines verbrauchten Getters durch undichte Röhre, klar an der milchigen Farbe erkennbar:
Röhren sind aufgrund des mechanischen Aufbaus empfindlich bei Erschütterungen. Sobald sich der Abstand Kathode/Gitter/Anode geringfügig ändert, ändert sich auch die Verstärkung.
Ein klopfen an der Röhre ist somit nicht zu empfehlen. Als wäre dies noch nicht genug, weisen Röhren noch eine mehr oder weniger ausgeprägte Mikrophonie auf.
Hierbei werden die Bauteile (besonders das dünne Gitter) durch Schalleinwirkung in Schwingung versetzt. Es gibt aus diesem Grund oft auch besondere Versionen der gleichen Röhren, mit z.B. dickerem Gitter etc.
https://de.wikipedia.org/wiki/Mikrofonie
Auch die diversen Spannungen müssen recht präzise sein um die elektrischen Parameter zu gewährleisten. Hinzu kommt die Heizung, welche die Kathode erst zur Elektronenabgabe anregt.
Es gibt einiges an Röhrentestern oder besser Röhrenprüfgeräten. Die einen testen nur grundlegende Parameter, die anderen messen die Röhre unter Last.
Ich selber habe einen Kalibr L3-3 zu Hause. Wer sich da mal das Alter der Geräte und die aufgerufenen Preise ansieht....
... auch die Preise für die entsprechenden Röhren NOS (new old stock), kann sich grob vorstellen, dass das Thema eigentlich nicht mit eben mal 100€ massentauglich sein kann.
Eigentlich ist die Röhre denkbar ungeeignet für das Auto. Erschütterungen, Bass, Temperaturunterschiede, Abwärme der Röhre selbst, möglichst geringe Bauform, diverse hohe Spannungen, usw.
Und trotzdem gibt es einiges an Peripherie mit Röhren, dass ich gerne im folgenden vorstellen möchte, um euch einen kleinen Einblick zu geben.
Zuletzt bearbeitet: