Bei den Autoherstellern beschäftigen sich ganze Abteilungen mit dem Thema. Die Rohkarosse des Vivaro hatten wir damals mit 680 Beschleunigungsaufnehmern beklebt und diese gleichzeitig gemessen, damit auch Phasenunterschiede mit bewertet werden konnten. Um das Auto ruhig zu bekommen, muß man nicht nur die Unterschiede zwischen Luftschall und Körperschall verstehen, man muß auch verstehen, wie sich Schalltransfer, Dämpfung und Dämmung grundsätzlich unterscheiden und mit welchen prinzipiellen Maßnahmen sie zu bekämpfen sind. Mich schüttelt es immer wieder, wenn ich hier von "Dämmung" im Zusammenhang mit ALB lese.
Im beschriebenen Fall wurde ALB auf das Blech der Radläufe aufgebracht mit dem Ziel, Schalltransfer zu verringern. Das konnte keinen Effekt erzielen, denn die Verklebung von zähen Kunststoff/Bitumen-Schichten auf Blech verbessert lediglich die dynamische Festigkeit, sprich, die Resonanzen des (schwingenden) Blechs werden bedäm
pft. Schalltransfer wird mit Sandwichmaterial (Doppelschalig) reduziert. Siehe die motorseitige Verkleidung von Stirnwänden: eine harte und schwere gummiartige Kunststoffschicht, unterfüttert mit weichem Schaumstoff. Der Körperschallanteil der Abrollgeräusche wird durch die Achsisolations-Gummilager ins Blech der Karosse transportiert. Und dort frequenz-selektiv (wegen der diversen dröhnenden Resonanzen) an die an den Innenraum angrenzenden Flächen transportiert, die dann als Membran schwingen und den Körperschall in Luftschall wandeln, damit er an unsere Ohren kommt. Der Luftschallanteil der Reifengeräusche (höhere Frequenzen als die "rumpelnden" Abrollgeräusche) kommen meist durch schlechte Dürdichtungen in den Innenraum. Oder Löcher im Unterboden.
Ich könnte noch seitenweise weitertippen, ein besserer Fachmann könnte damit sicherlich Bücher füllen. Diese Fachleute haben halt bei den Autoherstellern die Aufgabe, gute Effekte mit möglichst geringem Materialaufwand zu erzielen, weil Kosten und Gewicht eine Rolle spielen. Solche Leute kann man mit ein wenig Mühe lokalisieren und anrufen und befragen. Manchmal nehmen die sich sogar die Zeit, wirklich hilfreiche Tipps zu geben.
