Ich beschäftige mich beruflich als „Berater“ u.a. mit „Prozessanalysen und Prozessverbesserungen“ jeglicher Art: Engineering, Projekt Management, Produktentwicklung,..). Die dabei genutzte gängige Methode/Verfahren ist immer das gleiche (hier die Kurzfassung):
- Problem identifizieren und beschreiben
- Potenzielle Ursachen des Problems identifizieren und analysieren (RCA Root Cause Analysis oder Fehlerursachenanalyse)
- Massnahmenplan entwickeln -> zu den erkannten Fehlerursachen passende Korrekturmassnahmen definieren
- Massnahmen umsetzen
- Massnahmen verifizieren
Und was passiert hier in dem Thread, was mich persönlich stört:
Zu 1. Problem identifizieren und beschreiben: "Unsere Audioanlage kling schlecht, der Klang muss per „Einmessung“ verbessert werden". Das war non einfach
Zu 2. Potenzielle Ursachen des Problems identifizieren und analysieren (hier wird es schon etwas komplizierter)
2a. Um die Ursache des Fehlers zu identifizieren werden viele verschiedene „Messugen“ durchgeführt:
- Laufzeit, Impuls, Frequenzgang,…
- im Nahfeld, Mittig, am Fahrerplatz,…
- gewedelt, stationär, Matrix, senkrecht, waagerecht,…
- mit Korrekturkurve, ohne korrekturkurve,
- mit Billigmikro, mit Profimikro,…
2b. Die Ergebnisse der Messungen werden ausgewertet und analysiert:
- der eine schaut sich einfach das Messdiagramm für ein/zwei/drei wiiederholte Messungen
- der andere lässt sich die Mehrfachmessungen von dem Messprogram mitteln
- noch ein anderer nutzt hochwissenschaftliche Methoden, Tools und Verfahren, um die vielfaltigen Messergebnisse auszuwerten
Den Bereich 2a-2b lieben die meisten Fuzzis und toben sich da richtig aus, inkl. alle Diskussionen was/wie das Richtige und das Wichtige ist. Nur das alleine ist alles nutzlos. Am Ende stehe ich mit einem Haufen von (Mess-) Daten und Analysen, die mir zwar sagen, wo die Ursachen des Problems liegen, aber sagen noch lange nicht, was genau/konkret zu tun wäre, um die Ursache de Problems abzustellen.
Denn dazu gehört:
3. Massnahmenplan entwickeln -> zu den erkannten Fehlerursachen passende Korrekturmassnahmen definieren
Und das vermisse ich hier in dem Thread gänzlich! Ausgerechnet da, wo es richtig spannend wird, worauf es ankommt, kommt gähnende Leere
Es wird „polemisch“ und allgemein gehalten auf verschiedene mögliche Eingriffsmöglichkeit verwiesen, aber welche zu welcher Problemursache und zwar konkret: WIE, das wird nicht beschrieben. Hier nur ein paar Beispiele, was ich unter „konkret WIE“ verstehe (ohne darauf einzugehen ob es inhaltlich richtig ist):
WENN deine Nahfeldmessung zeigt, dass der Frequenzgang glatt ist, aber am Hörplatz ein sehr schmallbändiger aber starker Peek oder Delle entsteht, DANN nimmst du einen Notch-Filter oder einen Parametrischen EQ mit hoher Güte. Wenn diese Filter nicht vorhanden sind (nur Graphische EQs) dann wird der Peak/Delle nicht korrigiert.
WENN deine Nahfeldmessung zeigt, dass der Frequenzgang glatt ist, aber am Hörplatz ein breitbandiger oder nur kleiner Peek oder Delle entsteht, DANN nimmst du einen Parametrischen oder Graphischen EQ.
WENN du deine Bühne von der Mitte Armaturenbrett nach links Mitte Tacho schieben willst, DANN korrigierst du den LZK Delay für die linke Seite um +0,10ms und für die rechte Seite um -0,10ms. Dazu kommt die Pegelanpassung L/R
Usw.
Also WENN aaa, DANN bbb
Das ist das, was ich unter Tips zum Eimessen (sprich Korrekturmassnahmen) verstehe
Und hier wird zwar ständig über das „aaa“ geredet, aber das „bbb“ kommt nicht!
Oder es kommt in einer Form die etwas fraglich ist -> ein plakatives/überspitztes Beispiel:
WENN deine Nahfeldmessung zeigt, dass der Frequenzgang glatt ist, aber am Hörplatz ein Peek oder Delle entsteht, DANN korrigiere es NICHT per DSP, weil es mit Fahrzeugakustik/Resonanz zu tun hat
WENN deine Nahfeldmessung zeigt, dass der Frequenzgang NICHT glatt ist und am Hörplatz ein Peek oder Delle entsteht, DANN korrigiere es NICHT per DSP, sondern korrigiere es per Einbau (Pfusch am Bau)
Na nun? Dann frage ich mich wozu ich den DSP brauche? Nach der oben genannten Logik/Empfehlung darf ich den DSP in keinem der Fälle zum Anpassen des Frequenzgangs nutzen! Das führt doch die ganze Diskussion über Einmessung/Einstellung des DSPs ad absurdum!
Ich hoffe, dass wir die 2b. Schwelle überwinden und endlich den Schritt 3. Schaffen.
Und wenn einer der Meinung ist, dass es zu komplex ist, im Rahmen eines Threads sowas zu beschreiben, dann ist es auch OK, verständlich und legitim. Aber es ist nicht OK ständig auf dem 2a.-2b. zu reiten und so zu tun, als ob damit das 3. (-> Tips zur Einmessung) Erledigt wäre.
Ich verstejhe unter Tips zur Einmessung was anderes
Bitte, nicht missverstehen, nicht persönlich nehmen, es war etwas provokativ/überspitz formuliert und es gab schon einige wertvolle konkrete Hinweise. Ich wünsche mir MEHR davon